Review: South Park – The Stick of Truth 1

Review: South Park – The Stick of Truth 1

Ich glaube, es gibt keine einfachere und gleichzeitig sinnlosere Aufgabe als ein Review über »South Park – The Stick of Truth« zu schreiben. Informatiker, der ich nun mal bin, habe ich euch mal ein Flussdiagramm gemalt, um die folgende Frage zu beantworten: Soll ich mir besagtes Spiel kaufen?

South Park Flussdiagramm

So einfach ist das. Wir müssen überhaupt nicht darüber reden, ob das Spiel etwas für RPG-Fans ist, wenn sie nicht die unzähligen Charaktere und die noch unzähligeren Insider-Gags kennen. Jedes (jedes!) Loot-Item tauchte irgendwie mal in der Serie auf und 95% davon sind für das Spiel sinnloser Müll, der dich zum Lachen bringen soll. Und endlich mal eine Gesamtkarte von South Park zu sehen, lässt das Fanherz höher hüpfen – gleichzeitig sind Quest-Marker und Fast-Travel-Punkte so grob darauf eingezeichnet, dass man als Außenstehender eher verzweifelt. Wenn du Stans Haus mit dem von Kyle verwechselst und eigentlich zu Cartman wolltest, aber bei Butters landest, wirst du keinen Spaß haben, sondern dich nur fragen, wer zum Teufel all diese Leute sind. Ich stelle mir das extrem frustig vor und fände es a) schade um deine verschenkte Zeit und b) um das Missverständnis dem Spiel gegenüber.

Auf der anderen Seite (vermutlich wiederhole ich jetzt 1:1 im Wortlaut alle anderen Reviews, ich hab keine gelesen – wenn ich mich seit Jahren auf ein Spiel freue, dann interessiert es mich eher wenig, was andere vorab darüber meinen) ist The Stick of Truth der schönste Service, den man sich als Fan vorstellen kann. Ein riesengroßer Remix aus allen Staffeln (von den Anarcho-Beginnen mit der Analsonde und Toms Rhinoplasty bis zur brandaktuellen wie fulminanten “Console Wars”-Trilogie, die letztlich auch den Rahmen für das Spiel gesetzt hat – ein subversives Marketing-Meisterwerk), der keine Geschmacklosigkeit auslässt, zwei parallele Handlungsstränge bietet, die komplette Stadt rekonstruiert, in der du dich frei bewegen kannst – du bist Fan? Worauf wartest du? Was das eigentlich für ein Spiel ist? Ist doch völlig egal! So eine Art Rollenspiel. Du magst keine Rollenspiele? Dann fang an sie zu mögen, nur dieses eine Mal. Butters kann sich im Kampf in Professor Chaos verwandeln und man kann Jesus beschwören, nachdem man ihn “gefunden” hat (er ist auch echt mies im Versteckspielen), da können doch keine Fragen mehr offen sein? Also los! Da stört auch nicht der inflationäre Gebrauch von Quick-Time-Events in Kämpfen und die oftmals sehr krude Steuerung, sowie die Obsidian-typischen Bugs (so waren irgendwann im Font einzelne Buchstaben komplett zerbröselt, aber nur das K und die 3 oder so, wie programmiert man sowas bitte?). Als Fan verzeiht man dieser ca. zwölfstündigen Tour de Force derartige Kleinigkeiten.

Aber wie ist denn das jetzt mit der Zensur?

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Ja, zu diesem Teil kann ich wenig bis gar nichts sagen. Die Gerüchte über Schnitte und Zensur in Nicht-US-Versionen tauchten ja schon längere Zeit vor Release des Spiels auf, so dass ich das Thema zumindest auf dem Radar hatte. Als Ubisoft diese Gerüchte dann offiziell bestätigte, war fünf Minuten später meine Vorbestellung der originalen US-Version für PS3 (da region-free) beim Importhändler eingetütet. Ich bin echt keiner von diesen Uncut-Fetischisten, sondern beurteile immer im Einzelfall, ob mich Umfang und Art der Anpassungen vermutlich nerven würden. Aber South Park zensieren? Dude, super weak. Not cool, brah. Das ganze Hin und Her mit “Ach ja, das ist nur in Europa geschnitten, oh und das in Australien, ach so, die PC-Version übrigens nicht, oh shit, Hakenkreuz, alle Exemplare zurück!” habe ich dann nur noch am Rande und entspannt-amüsiert mitbekommen. Falls du als Leser also besorgt bist, dass dir mit der USK-Version riesige Brocken Spielspaß entgehen könnten, bist du hier vermutlich eh schon 1000x besser informiert – mündig, volljährig und selbst denkend, wie ja immer alle von sich behaupten.

Was mich beträfe: Übermalte Hakenkreuze, klar, wenn’s sein muss, da hat wohl kein normal denkender Mensch ein Problem mit. Bis vielleicht auf die 15 Leute, die hier auf dem Marktplatz in Karlsruhe mal eine Demo zur “Resozialisierung des Sonnenrads” abgehalten haben, I shit you not. Aber dass die Nazi-Zombies ausschließlich in völlig sinnlosen Hitler-Sprachsamples – aus Original-Tonaufnahmen, knisternd und dröhnend – reden, das ist einfach nur geil. Als mich der erste “Liebe Parrrteigenossen!“-schreiend angriff, lag ich vor Lachen unter dem Tisch. Bei hundersten kicherte ich immer noch (“mit stolzerrr Frrreude“). Haben sie das auch rausgestrichen? Das würde mich echt ansicken und wäre schon mal ein Grund, mich nach einer alternativen Version umzusehen. But that’s just me, ich bin halt eher einfach zu amüsieren.

Fazit

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Ich glaube, ich habe noch nie ein Spiel dieses Umfangs an einem Stück durchgespielt – hier konnte ich vor Lachen und freudiger Erwartung des nächsten Schwachsinns aber einfach nicht aufhören, bis der altbekannte Abspann lief. Für mich ist The Stick of Truth das beste, was ich dieses Jahr bisher gespielt habe. Und für dich gilt mein tolles Flussdiagramm da oben – je nachdem, in welchem Kasten du landest, könnte es dir genauso gehen.

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Fabian Hartmann (Redaktion) Job: Doktorand ...for science (Future Internet/Social Networks. Nebenher Vorlesungen betreuen und Studis pampern.) Auf ZwO Experte für: das Zerreißen von Kritikerlieblingen. Ansonsten bin ich kürzlich vom PC-Saulus zum Konsolen-Paulus geworden und muss neben aktuellen Releases auch noch die besten Sachen aus der Zeit davor nachholen (für Xbox 360, PS3, Wii, (3)DS und Dreamcast - ächz!). Aufgrund meiner PC-Sozialisation lasse ich Shooter da aber meist links liegen, auch Sportspiele interessieren mich nicht. Mich springen eher stimmungsvolle, bunte Action-Adventures oder Puzzlespiele wie Professor Layton oder Portal an. Hier holt sich Fabian Gaming-News: Ich bin erschreckend schlecht aus erster Hand informiert, über die wirklich wichtigen Dinge wird sich meine Twitter-Timeline dann schon das Maul zerreißen. Filterbubble olé. Mail: fh [at] zockworkorange [dot] com Twitter: yesnocancel XBLA: yesnocancel PSN: yesnocancel Steam: yesnocancelzwo Erstes Game: Super Games Liebste Games: Uncharted 2, die God of War-Teile, King's Quest VI, Blade Runner, Bubble Bobble Liebste Persönlichkeit der Branche: Traditionell der Angry Video Game Nerd, auch wenn er stark nachgelassen hat. Jingleball für die Leidenschaft und Intensität, mit der sie sich in ein einzelnes Spiel reinkniet. Balkantoni für die stetige Verbesserung meines Wortschatzes. Liebste Game-Figur: Jade und Pey'j aus Beyond Good and Evil

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